Die Geburt des zur Legende gewordenen El Primero Chronographenwerk (1962-1969)
KAPITEL 1: 1962 – 1969: El Primero – eine Legende erwacht zum Leben.
Vorausschicken möchten wir, dass diese Artikelserie nicht ohne der Unterstützung von Zenith möglich gewesen wäre. Exklusives Bildmaterial und Hintergrundinformationen wurden uns zur Verfügung gestellt. Wofür wir uns auf diesem Wege recht herzliche bedanken möchten.
1960ER JAHRE – EINE ZEIT DES TECHNISCHEN FORTSCHRITTS
Der französische Ökonom Jean Fourastié bezeichnete die Zeit zwischen dem Ende des zweiten Weltkriegs bis zur Ölkrise 1973 als Les Trente Glorieuses (Die glorreichen Dreißig). Europa befand sich in einem kontinuierlichen wirtschaftlichen Wachstum. Vollbeschäftigung war nahezu flächendeckend in Europa erreicht. Dies resultierte in einer größeren Kaufkraft und Massenkonsum begann sich auszubreiten.
Zu Beginn der 1960er Jahre hatten sich Uhren mit automatischem Aufzug bestens etabliert. Die Träger von Uhren mit automatischem Aufzug waren es gewohnt, nicht mehr täglich ihre Zeitmesser manuell mittels Krone aufzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber noch kein Chronographenwerk mit automatischem Aufzug.
INNOVATION WIRD NACHGEFRAGT
Das Aufziehen mittels Krone wurde als veraltet angesehen, die Modernität verlangte nach Effizienz.
Während dieser Jahre versetzten sich die Menschen in eine Zukunft die sie sich als hoch technologisiert und somit als glücklicher vorstellten. Eine handaufgezogene Uhr galt als ein Relikt aus einer Vergangenheit und sollte in dieser Welt keinen Platz mehr haben. Eine mechanische Uhr mit Automatikaufzug hingegen verkörperte den Zauber der Modernität.
1962 – DIE IDEE EINES AUTOMATISCHEN CHRONOGRAPHENWERKS WIRD GEBOREN
ZENITH wollte sich zu seinem hundertjährigen Bestehen ein besonderes Geschenk machen. Es entstand die Idee einen Automatikchronographen zu entwickeln. Zu dem Zeitpunkt war kein Automatikchronograph auf dem Markt, daher wäre er eine Premiere. Was nicht in Frage kam, war der Ansatz, ein bestehendes Kaliber um ein Chronographen Modul zu erweitern. Die Entscheidungsträger bei Zenith wollten ihr Know-How im Bereich Forschung und Entwicklung demonstrieren. Die Macher des El Primero wollten nicht adaptieren und erweitern, sondern etwas ganz Neues erschaffen.
1966 – DIE IDEE NIMMT LANGSAM GESTALT AN
Zwischen 1966 und 1967 nahm die Idee konkretere Formen an. Die Unternehmensführung von Zenith äußerte den Wunsch, ein Hochfrequenzkaliber mit 36.000 Halbschwingungen pro Stunde zu entwickeln. Die Zenith Chronometrie-Abteilung, die die Teile für die Chronometrie-Wettbewerbe vorbereitete, war für diese Forschung zuständig.
Das Thema der Hochfrequenz stand im Einklang mit einer immer fortschrittlicher und schneller werdenden Epoche. Die mit der Hochfrequenz verbundene Zunahme an Präzision, traf in vollem Umfang den Puls der Zeit. Für die Mitglieder der Schweizer Gesellschaft für Chronometrie, war das Vorhaben von Zenith ein viel diskutiertes Thema.
DIE MECHANISCHE ZEHNTEL-SEKUNDEN-MESSUNG
Die Manufaktur stellte sich der Herausforderung, das erste extradünne, integrierte, hochfrequente Chronographenkaliber mit Automatikaufzug zu entwickeln. Der Beginn einer ganz neuen Ära stand unmittelbar bevor. Die mechanische Zehntelsekundenmessung, mit 36.000 Halbschwingungen pro Stunde, stand in den Startlöchern.
ERHÖHTE PRÄZISION AUCH IN DEN PRODUKTIONSMETHODEN
Bei der Konzeption des El Primero überdachte Zenith den gesamten Aufbau des Werks und die Möglichkeiten und Anforderungen, die dieses neue richtungsweisende mechanische Chronographenwerk an die Produktion stellen würde. Dieses Uhrwerk läutete den Beginn völlig neuer, innovativer Produktionsmethoden ein. Deswegen wurden ebenso vereinfachte, an die neue Ära angepasste Fertigungsschritte angedacht.
Zuvor mussten Uhrmacher die einzelnen Uhrwerksbauteile vor dem Zusammenbau des Chronographen feilen.
Der Grund dafür war, dass die damals verwendeten Gesenke minimale Abweichungen mit sich brachten. Deswegen mussten verwendete Komponenten manuell nachgebessert werden.
Das El Primero sollte darauf ausgelegt sein, moderne Arbeitsbedingungen für die Uhrmacher zu schaffen. Die verwendeten Gesenke und Werkzeuge wurden verbessert um Komponenten exakter reproduzieren zu können. Abweichungen wurden so auf ein Minimum reduziert.
Nun war es möglich die einzelnen Komponenten einfacher, schneller, also quasi in Serie zusammengebaut werden konnten. Ein echter Paradigmenwechsel.
NEUE WERK- UND SCHMIERSTOFFE FÜR DIE ERHÖHTE FREQUENZ DES EL PRIMERO
Eine hohe Frequenz sorgt für größere Präzision. Bei 36.000 Halbschwingungen pro Stunde, zehn pro Sekunde, haben potentielle Stöße erheblich weniger Auswirkungen auf das Uhrwerk. Eine höhere Frequenz bringt aber natürlich auch einen höheren Verschließ mit sich . Um dem vorzeitigem Verschleiß einiger Bauteile vorzugreifen, bedienten sich die Uhrmacher von Zenith einer besonderen Oberflächenbehandlung: Molybdändisulfid.
Diese innovativen Oberflächenbehandlung wurde bereits in einigen mechanischen Industrien eingesetzt, aber nicht in der Uhrenherstellung. Hierbei handelt es sich um eine Beschichtung/Schmierung des Anker-Ankerrad-Aufbaus, der die Energie an das Schwungrad überträgt. Damit konnte eine wesentliche Verbesserung des Gleitreibungskoeffizienten erreicht werden.
ANDERE HERSTELLER SPRINGEN AUF DEN ZUG „HOCHFREQUENZ“ AUF
Die Entwicklung des El Primero war von einem äußerst kompetitiven Umfeld geprägt. Andere Unternehmen aus der Uhrenbranche, darunter Seiko und die Chronomatic Group, bestehend aus den Marken Hamilton-Buren, Breitling, Heuer und Dubois Dépraz, wollten ebenso als Erste einen hochfrequenten Chronographen mit automatischen Aufzug zur Marktreife bringen. Der Wettlauf erfasste die Branche.
„Der Zenith Chronograph musste der erste Automatikchronograph auf dem Markt sein – wohlwissend, dass wir mit japanischen und schweizerischen Unternehmen im Wettbewerb standen. Es spielte sich alles in wenigen Monaten ab und sie wurden fast alle im gleichen Jahr eingeführt“, erinnert sich Marc Roethlisberger, der damals Teil des Marketingteams war.
10. JANUAR 1969 – DER GEBURTSTAG DES EL PRIMERO
Zenith präsentierte als erster seinen eigenen hochfrequenten Chronographen mit automatischem Aufzug. Am 10. Januar 1969 gab die Manufaktur bei einer Pressekonferenz in Le Locle die Geburt des El Primero bekannt.
„Zenith und Movado haben am 10. Januar 1969 den ersten hochfrequenten Automatikchronographen der Welt eingeführt“, lautete die Überschrift der Pressemitteilung. „Die Uhrenfabrik Zenith S.A. in Le Locle hat eine außergewöhnliche Leistung vollbracht und zwei hochpräzise Uhren in einer kombiniert. (…) El Primero ist der „erste hochfrequente Automatikchronograph der Welt“, informierte die Pressemitteilung die Weltöffentlichkeit.
Zenith und Movado ist nicht nur dieses außergewöhnliche Kunststück gelungen, sie haben es auch geschafft, den gesamten Mechanismus des Automatikchronographen mit Datum auf einem kleineren Raum wie dem eines herkömmlichen Chronographen unterzubringen. Das Uhrwerk ist nur 6,50 mm hoch. Eine wirklich unglaubliche Leistung.“
DER NAME „EL PRIMERO“ KOMMT NICHT VON UNGEFÄHR
Im Herbst 1968, kurz vor der Einführung, wurde intern intensiv über den Namen nachgedacht. Der Vorstand von Zenith wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die Manufaktur aus Le Locle das Rennen gewinnen und als Erste ihren Automatikchronographen präsentieren würde.
Nach einigen Sitzungen fiel die Wahl auf „El Primero“ – Spanisch für „der Erste“. Die dynamische Intonation dieses melodiösen Namens klingt in allen Sprachen gut und er ist leicht verständlich. So kam es zu El Primero.
ZWEI VERSIONEN VOM START WEG
Die Uhrmacher gingen noch einen Schritt weiter und boten von Anfang an zwei verschiedene Versionen des Kalibers an: Eine „klassische“ Variante mit einem einfachen Kalender und eine andere mit den zusätzlichen Funktionen Wochentag, Monat und Mondphase.
KOMMENDE WOCHE (18.10.2019)
Erfahren Sie mit uns, wie das El Primero fast so schnell, wie es entwickelt wurde auch schon wieder verschwunden wäre……hätte es da nicht CHARLES VERMONT gegeben, der unter größtem persönlichen Einsatz dies zu verhindern wusste.