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    50 Jahre El Primero (Teil 2)

    Header zur Geschichte des El Primero Teil 2, die Jahre 1970 bis 1979

Das große Geheimnis, oder wie Charles Vermot das El Primero rettete  (1970-1979)

KAPITEL 2: 1970 – 1979: Fast wäre die Geschichte des legendären  El Primero nach kurzer Zeit beendet gewesen.

Startbild El Primero 1970 bis 1979

FALLS SIE DEN ERSTEN TEIL NOCH NICHT GELESEN HABEN:

11 JAHRE VOR DER GEBURT DES EL PRIMERO

So widersprüchlich es klingt, aber fortschrittliche Technologie beendete fast die fortschrittliche Technologie des El Primero. Wir versetzen uns ein wenig in der Zeit zurück, genau genommen elf Jahre vor die Geburt des El Primero.

Gérard Bauer, damaliger Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie

Gérard Bauer, damaliger Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie

1958 wurde Gérard Bauer zum Präsidenten des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie ernannt. Nicht ursprünglich aus der Uhrenindustrie, hatte er dennoch eine Vision. Er war überzeugt, dass die Elektronik eine entscheidende Rolle in der Welt der Uhrenherstellung spielen würde.
Er konnte Schweizer Uhrmacher davon zu überzeugen, sich zusammenzuschließen und das Centre Electronique Horloger zu gründen.
Das Zentrum wurde am 20. Januar 1962 gegründet. Roger Wellinger, ein Mann im Dunstkreis von General Electrics wurde zum Leiter ernannt.

ERSTE UHREN MIT QUARZWERK

Accutron von Bulova

Accutron von Bulova

Im selben Jahr brachte die amerikanische Marke Bulova mit der Accutron die erste elektronische Uhr mit einer mit 360 Hz schwingenden Schwinggabel als Regulierorgan auf den Markt brachte.

Eines der ersten Quarzwerke Beta 21, verbaut in einer Patek Philippe

Eines der ersten Quarzwerke Beta 21, verbaut in einer Patek Philippe

Die Quarzforschung wurde unter strengster Geheimhaltung betrieben: das Projekt „Beta“ wurde 1967 abgeschlossen. Im November desselben Jahres nahmen zehn „Beta 2“-Modelle an dem Chronometerwettbewerb des Neuenburger Observatoriums teil und gewannen die ersten zehn Plätze – vor den Modellen von Seiko.

Erste jemals gebaute Quarzuhr von Seiko mit dem Namen Astron SQ 35

Erste jemals gebaute Quarzuhr von Seiko mit dem Namen Astron SQ 35

Dennoch waren die Japaner die ersten, die zu Weihnachten 1969 mit der Astron 35 SQ die erste Quarzuhr auf den Markt brachten.
1970 schlossen sich 16 Schweizer Marken zur Vermarktung von Quarzuhren mit dem Beta 21 Uhrwerk zusammen. Eine davon war Zenith. Schon bald schlossen sich die Amerikaner den Schweizern an – Motorola, Texas Instruments und National Semiconductor – aber keiner konnte die Japaner Seiko und Citizen einholen.

ZENITH RADIO CORPORATION AKQUIRIERT DIE MANUFAKTUR AUS LE LOCLE

Firmengebäude der Zenith Radio Corporation in Boston

Firmengebäude der Zenith Radio Corporation in Boston

Die weitaus größere Bedrohung für das El Primero stand aber noch bevor. Am 28. Mai 1971 wurde das Unternehmen an die Zenith Radio Corporation mit Sitz in Chicago verkauft. Ursprünglich stellten sie Radios und später auch Fernseher her.

Radio, wie er zu der Zeit von der Zenith Radio Corportion

Radio, wie er zu der Zeit von der Zenith Radio Corportion

Die Holdinggesellschaft MZM (Mondia Zenith Movado) wurde aufgelöst und am Ende der Hauptversammlung am 21. Juni 1972 in Zenith Time SA umbenannt. Ab diesem Moment lag die Zukunft von Zenith ganz in der Hand der amerikanischen Verwalter.

QUARZKRISE IM „ZENITH“

Das El Primero Uhrwerk würde zwar noch in den Katalogen des Uhrenherstellers aufgeführt, aber das bedeutet nicht, dass es sich auch gut verkaufte. Das El Primero Stand im harten Wettbewerb mit Quarzkalibern. Uhren mit automatischem Antrieb galten nicht mehr als das Nonplusultra.

Anzeige für einen der damals neuen ZENITH El Primero Chonographen in überdimensional großem Gehäuse

Anzeige für einen der damals neuen ZENITH El Primero Chonographen in überdimensional großem Gehäuse

Infolgedessen kamen überraschende Zenith-Uhren mit dem El Primero Uhrwerk mit übergroßen Gehäusen auf, die an die Gehäuse der Uhren mit dem Beta 21 Kaliber erinnerten.
Die ersten Quarzwerke waren globig und erforderten ein breites Gehäuse. Dessen voluminöse Form sollte durch das Design kaschiert werden. Mit einem von Elektronikuhren inspirierten Gehäuse gelang Zenith eine geeignete Antwort.

Movado El Primero

Movado El Primero „TV Screen“ aus 1970

Das Design der damaligen Zeit forderte die funktionale Ästhetik der vorhergehenden Jahrzehnte heraus. In den 1970er Jahren folgte die Form nicht mehr unbedingt der Funktion. Dies erklärt, warum diese Uhren mit dem El Primero Uhrwerk, dessen Größe sich nicht verändert hatte, ein größeres Gehäuse hatten, als es ihr Antrieb erforderte.

1970ER – AUFKOMMEN DES POP-DESIGNS

Zenith El Primero AH 781 von 1971

Zenith El Primero AH 781 von 1971

In den 1970er Jahren entstand das „Pop-Design“, begünstigt durch neue Technologien, die andere Formen ermöglichten. Es kamen runde, dicke Formen auf, wie das El Primero Gehäuse mit der Referenznummer AH 781, gefolgt von einem El Primero mit einem ungewöhnlichen Design, das an einen Fernsehbildschirm erinnert.  Zur damaligen Zeit gewann der Fernseher in den Haushalten zunehmend an Bedeutung.

1974 – DER BEGINN VOM UNTERGANG

Das Jahr 1974 markierte den Beginn eines deutlichen Einschnitts: Zenith begann, seine Produktion zu drosseln und die Kataloge der damaligen Zeit enthielten keine neuen El Primero Modelle mehr.
Die amerikanischen Eigentümer glaubten nicht mehr an die Zukunft der mechanischen Uhrmacherei. Man glaubte fest an eine glorreiche Zukunft von Quarzwerken. 1975 wurde beschlossen, inmitten der Uhrenkrise, die Produktion von Mechanikuhrwerken komplett einzustellen.
1976 ordnete die Amerikanische Geschäftsleitung an, den für die Herstellung des El Primero Uhrwerks erforderlichen Werkzeug- und Maschinenbestand aufzulösen. Das El Primero wurde günstig ausverkauft und es wurde angeordnet, alles, was wiederverwertet werden konnte, zu verschrotten.

CHARLES VERMOT TRITT AUFS PARKETT

Charles Vermot, der Retter und Bewahrer des El Primero Werks von Zenith

Charles Vermot, der Retter und Bewahrer des El Primero Werks von Zenith

Da kam der Mann, der das El Primero Uhrwerk und mit ihm die gesamte Manufaktur Zenith rettete, ins Spiel. Sein Name war Charles Vermot.
Charles Vermot war verantwortlich für Atelier 4, und trotz der Krise, obwohl sich die Arbeitsplätze in der Uhrenbranche halbiert hatten, glaubte er weiter an die Zukunft der mechanischen Uhrmacherei.
Er war so überzeugt davon, dass er beschloss, dem amerikanischen Management zu schreiben, um es dazu zu bewegen, seine Meinung zu ändern.

Brief, den Charles Vermot an die Amerikanischen Firmeneigner schrieb

Brief, den Charles Vermot an die Amerikanischen Firmeneigner schrieb

Er bat um die Erlaubnis, ein kleines Atelier mit allen für die Anfertigung des El Primero erforderlichen Werkzeugen zu erhalten. Seine Anfrage blieb unbeantwortet.

CHARLES VERMOT SCHMIEDET DEN PLAN ZUR RETTUNG DES EL PRIMERO

Entgegen der Anordnungen des Managements beschloss der Leiter von Atelier 4, alle für die Anfertigung des El Primero erforderlichen Werkzeuge unter größter Geheimhaltung aufzubewahren.
Er wurde getrieben von einer weitaus größeren Angst als der, seine Stelle zu verlieren: er wollte um jeden Preis verhindern, dass ein einzigartiges uhrmacherisches Know-how verloren ging. Sein älterer Bruder, Maurice Vermot, der bei Zenith für die Herstellung von Pressen zuständig war, unterstützte ihn.

GEHEIMER ORT ZUR AUFBEWAHRUNG DER WERKZEUGE UND ERSATZTEILE

Werkzeuge zur Produktion des El Primero

Werkzeuge zur Produktion des El Primero

Zuerst musste ein sicheren Ort zur heimlichen Aufbewahrung gefunden werden. Charles Vermot betrachtete zu Recht die Teile als einen Schatz. All die Pressen, Exzenter, Betriebspläne, Schneidwerkzeuge und Fertigungspläne, die für die Anfertigung des El Primero Uhrwerks erforderlich waren.
Die Manufaktur Zenith zählte insgesamt 18 Gebäude, von denen nur eines nicht mit den anderen verbunden war. Diese Tatsache machte es zur idealen Wahl.
Da er sich den Anordnungen von oben widersetzte, durfte Charles Vermot bei seiner Rettungsaktion auf keinen Fall ertappt werden.

RETTUNG BEI NACHT UND NEBEL

Er musste die Werkzeuge und Teile für das El Primero also bei Nacht über einen verlassenen Durchgang hinter dem Gebäude transportieren, etwas, das heute aufgrund von modernen Sicherheitssystemen undenkbar wäre.

Werkzeuge und Teile zur Herstellung des El PrimeroDamals gab es tatsächlich viele Stempeluhren, aber Charles Vermot hatte die Schlüssel zur Manufaktur. Er war Leiter eines Ateliers und genoss das mit der Verantwortung einhergehende Vertrauen.
Nicht einmal seine Frau wusste von seinem Plan bescheid. Sie vermutete eine Affäre ihres Mannes, da er ab Beginn seiner Rettungsaktion viel später als sonst nach Hause kam oder manchmal gar nicht.

52 STUFEN FÜHREN ZUM RETTENDEN VERSTECK DES EL PRIMERO

Stiegenaufgang zu der Kammer, in der Charles Vermot die Teile und Werkzeuge versteckte

Stiegenaufgang zu der Kammer, in der Charles Vermot die Teile und Werkzeuge versteckte

Wenn man die 52 Stufen zum Dachboden hinauf steigt, kann man die Anstrengungen und den unbändigen Willen dieses Helds erahnen, der mit der Hilfe seines Bruders die kostbaren Werkzeuge dort hinauf trug.
Man kann sich seine Angst, entdeckt zu werden, vorstellen. Aber Charles Vermot kämpfte für seine Vorhaben. Dies verlieh ihm Stärke und Mut.

Insgesamt gelang es ihm, etwa 150 Pressen und viele kleine Werkzeuge und Exzenter zu retten. Ohne diese Pressen wäre es unmöglich, das El Primero herzustellen. Die Werkzeuge wurden eigens für das El Primero entwickelt somit auch Teil des Betriebsgeheimnisses, das nach dem Willen der damaligen Eigentümer ein für alle Mal vernichtet werden sollte.

SIEBEN MILLIONEN FRANKEN

Die Lebensdauer einer Presse ist in der Regel so lange wie die der Uhrenkomponente. Bei richtiger Instandhaltung zwischen 20 und 30 Jahren. Eine Presse, wie für das El Primero, war damals etwa 40.000 Schweizer Franken wert.
Wenn dieses Werkzeug, wie von den Amerikanern angeordnet, verschrottet worden wäre und dieses Know-how verloren gegangen wäre, hätte sich die Investition für die Wiederherstellung aller Teile, die Charles Vermot versteckt hatte, auf sieben Millionen Franken belaufen.
Niemand hätte so eine große Summe investiert, um die Produktion eines Uhrwerks wieder aufleben zu lassen, und Zenith würde es heute (in der Form) nicht mehr geben.

DAS EL PRIMERO „EINGEMAUERT“

Nachdem Charles Vermot alle Werkzeuge und Komponenten verstaut hatte , ließ er diesen Teil des Dachbodens zumauern.

Zugang zum Raum, in dem Charles Vermont die Teile und Werkzeuge versteckte und zumauern ließ

Zugang zum Raum, in dem Charles Vermot die Teile und Werkzeuge versteckte, und zumauern ließ

Er wollte ganz sicher gehen, dass das El Primero und seine Werkzeuge von niemandem entdeckt werden konnten.
Dabei widmete er sich ganz seiner Aufgabe und stellte seine eigene Sicherheit hinten an. Charles Vermot glaubte fest an die Zukunft des El Primero, auch wenn diese Zukunft ohne ihn geschrieben werden würde.

1976 – ZENITH VERKOMMT ZUR DAMALIGEN NORMALITÄT

Ab 1976 war Zenith nur noch ein Schatten der einstigen Manufaktur. Es gab nur noch wenige Mitarbeiter und die in den Ateliers angefertigten Uhren waren mit Quarzwerken von ETA oder Citizen bestückt. Die selten verwendeten Mechanikuhrwerke wurden ebenfalls von ETA bezogen.

RÜCKZUG DER „RADIOBAUER“ – ERNEUTER EINZUG DER FEINEN UHRMACHEREI

Das Unternehmen war so nicht mehr profitabel und die Amerikaner wollten es loswerden. Also verkaufte die Zenith Radio Corporation 1978 Zenith Watches SA an einen Zusammenschluss aus drei Schweizer Uhrenherstellern. Darunter Paul Castella, der Eigentümer von Dixi, einem Unternehmen, dass sich in der Werkzeugmaschinenindustrie und der Uhrenbranche spezialisiert hatte.

Paul Castella

Paul Castella

Paul Castella war eine ungesehene Persönlichkeit in Le Locle. Er war sehr menschlich und besonders darum bemüht, Arbeitsplätze in dieser gebeutelten Region zu erhalten.
Zenith war noch nicht gerettet, aber endlich in den Händen eines Mannes, der die Branche kannte und liebte. Sein Ziel war es, eine Manufaktur zu retten, die Teil des Erbes der Schweizer Industrie und Uhrmacherkunst war.

LESEN SIE KOMMENDE WOCHE BEI UNS WIE, DANK DES EINSATZES VON CHARLES VERMOT, DAS EL PRIMERO WIEDERBELEBT WERDEN KONNTE.

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  • Brief, den Charles Vermont an die Amerikanischen Firmeneigner schrieb
  • Werkzeuge und Teile zur Herstellung des El Primero
  • Werkzeuge und Teile zur Herstellung des El Primero
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